In der Studie „Jugend und Beruf“ der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2005 heißt es: „Die Berufswahl ist auch einer der wenigen Bereiche, in dem Jugendliche ihre Eltern noch um Rat fragen, indem sie ihnen noch Kompetenz einräumen.“
Auch ein Blick auf aktuelle Forschungsergebnisse zeigt (vgl. Sacher):
- Der Einfluss der Eltern ist doppelt so stark wie sozioökonomische Faktoren.
- Die Eltern haben einen größeren Einfluss als die Altersgenossen. Diese folgen auf Platz zwei. Lehrkräfte auf Platz drei und die Berufsberater auf Platz vier.
Lehrkräfte und selbst Berufsberater werden deutlich auf die Plätze verwiesen. Rund 61 Prozent der Jugendlichen wünschen sich, von ihren Eltern richtig eingeschätzt zu werden oder konkrete Berufswünsche aufgezeigt zu bekommen.
Elterneinfluss kann förderlich, aber auch hinderlich sein. Nach Werner Sacher, Elternforscher und emeritierter Professor der Uni Erlangen, überschätzen circa drei Viertel der Jugendlichen den Rat der Eltern. Zwar können Eltern vom eigenen Beruf und Arbeitsumfeld berichten. Auch Lebensentwürfe und Wertevorstellungen können dem eigenen Kind nähergebracht werden. Nur wenige Eltern besitzen jedoch ausreichende Kenntnisse über die aktuelle Situation des Arbeitsmarktes oder über Bewerbungsmodalitäten, die sich gerade in den letzten Jahren drastisch verändert haben. Auch viele Eltern schätzen hier ihre Kenntnisse und ihre Beratungskompetenz kritisch ein.
Hinzu kommen weitere Unklarheiten: Wann ist der richtige Zeitpunkt, das Kind bei der Berufswahl und der Berufsorientierung zu unterstützen? Was sind wichtige Themen, die unbedingt angesprochen werden müssen? Was kann mündlich erfolgen? Was sollte schriftlich erfolgen? Welche Partner können Eltern um Rat fragen, wenn die eigenen Kompetenzen und Erfahrungen nicht mehr ausreichen?
Als schulisches Instrument bietet besonders der Berufswahlpass ideale Möglichkeiten für Eltern, Prozesse und Inhalte zur Berufsorientierung zu begleiten, weiterzuführen und zu vertiefen. Im Berufswahlpass befinden sich strukturiert zusammengestellte Arbeits- und Informationsblätter, Einschätzungen und Bescheinigungen. Diese werden zum einen im Unterricht und Projekten über mehrere Schuljahre durch die Jugendlichen erarbeitet. Eltern können hieran sehr gut sehen, welche inhaltliche Dimension Berufsorientierung hat. Zudem können sie so gut nachvollziehen, welche Aufgaben Schule bereits leistet. Zum anderen sind auch Eltern angehalten, selbstständig Arbeitsmaterialien zu nutzen, zum Beispiel in gemeinsamen Gesprächen über erste berufliche Vorstellungen, Praktikumswünsche, Selbst- und Fremdeinschätzungen, Bewerbung, Lebenslauf und Übergang Schule-Beruf.
Arbeits- und Informationsblätter in Einfacher Sprache und teilweise neun verschiedenen Herkunfssprachen ermöglichen es zudem Jugendlichen mit Migrationshintergrund und deren Eltern, besser Informationen zu verstehen und einen Einblick in die Schul- und Berufsorientierungslandschaft Sachsens zu erhalten.
Mit dem Workshop „Ihr Kind mit BWP wirkungsvoll bei der Berufswahl unterstützen“ bietet die LSJ Akademie Eltern ein konkretes Fortbildungsangebot an. Ziel ist es, Eltern zu befähigen, mehrere Schuljahre lang ihre Kinder auf Grundlage des Berufswahlpasses im Prozess der Berufsorientierung zu begleiten und zu unterstützen.
Weiterführende Hinweise und Tipps:
- Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Jugend und Beruf: Repräsentativumfrage zur Selbstwahrnehmung der Jugend in Deutschland, 1. Auflage 2005
- Angelika Puhlmann: Die Rolle der Eltern bei der Berufswahl ihrer Kinder, BIBB, 2005
- Werner Sacher: Eltern im Berufsorientierungsprozess ihrer Kinder und ihre Einbindung durch Elternarbeit, in: Projektträger im DLR e.V. (Hrsg.): Eltern, Schule und Berufsorientierung. Berufsbezogene Elternarbeit. Bertelsmann 2011, S. 9-22.
- Berufswahlpass im Überblick mit vielen Materialien für Eltern und Jugendliche.
- Fortbildung für Eltern mit Kindern an Oberschule und Gymnasium zur Nutzung des BWP.